"Sei doch kein Narr!" Das geflügelte Wort taucht in der Literatur sowie der Alltagssprache auf. Gerade auch jetzt – wo die Fasnächtler durch die Schweizer Gassen ziehen – liest und hört man viel von Narren.
Doch was bedeutet es überhaupt, ein Narr zu sein? Finden Sie heraus was es mit der Narrenfigur auf sich hat und warum die Sammlung von Museum Aargau im Besitz eines aussergewöhnlich "närrischen" Gegenstandes ist.
Die Fasnacht und ihre Figuren
Anfangs Jahr ist es wieder so weit: Viele Regionen in der Schweiz feiern die Fasnachtszeit. Auch wenn die Daten der Feierlichkeiten und die einzelnen Bräuche sich unterscheiden, bleibt eines überall gleich: die unglaubliche Euphorie. Verschiedenste Festumzüge, Feuerkünste, Maskenbälle und Konzerte sind in in der Fasnachtszeit zu bestaunen.
Bei diesen – mehrheitlich aus dem Mittelalter stammenden – Bräuche spielen unterschiedlich groteske und sonderliche Figuren eine Rolle. Sie tragen abenteuerliche Namen wie "Blätz" und "Hudi", in Schwyz, "Pierrot" oder "Dummpeter" in Basel oder aargauische Pendants wie der "Narro" und die "Narrönin" in Laufenburg und "Hobuspöönig" in Hallwil.
Die meisten dieser Figuren gehen auf die Commedia dell’arte zurück, die im Italien des 16. – 18. Jh. aufgeführt wurde.
Sie entstand aus denSchauspielgruppen die auf den Jahrmärkten in Italien herumzogen. Die zentrale Figur aus dem breiten Spektrum war der "Arlecchino" (ital., aus dem altfranz: (h)arlekin, (h)erlekin, (h)ellequin, harlequin). Er vereint heidnische Symbolik und steht nach Gerda Baumbach für Doppeldeutigkeit.
Auch die Darstellung in der Kunst zeigt den Harlekin mit einer dem Bild das narren vertrauten Auftretens. Bunte Kleidung, Maske und künstliche Nase, Spitzhut und Stab.
Daneben gab es auch im deutschsprachigen Raum ähnlich Figuren, wie bspw. den "Hanswurst", der eine ähnliche Rolle übernahm. Die Rolle des Vermittlers zwischen den im Mittelalter bestehenden und sich in der frühen Neuzeit langsam aufbrechenden Standesstrukturen, ist im Rahmen des Schauspiels ein geduldetes Format von Gesellschaftskritik.
Die Symbolik der Narren
So war auch die Figur des Hofnarren ein abgeleitetes Wort dieser zum Teil aus heidnischem Glauben entstandene Figuren und ihrer aus der Bibel oder dem christlichen Glauben zugewiesenen Bedeutungen. Sie wurden gleichgesetzt mit dem "Abschaum" der Gesellschaft, den kranken, Missgebildeten und auch den Juden.
Das bekannteste Werk über das Narrentum schuf 1494 der deutsche Sebastian Brant (1457–1521) mit "Daß Narrenschyff ad Narragoniam", das in Basel gedruckt und das erfolgreichste deutschsprachige Buch vor der Reformation wurde. Darin versucht der Autor anhand einer Fahrt von 100 Narren durch ein fiktives Land, die Laster der Gesellschaft anzuprangern und ihnen den Spiegel hinzuhalten. Als Gegenstück dazu kommt der Weise Mann vor, an welchem alle diese Narreteien abprallen. Der ideale Bürger sozusagen.
Brant bedient sich bei der Darstellung an allen bekannten Symbolen, die mit der Figur des narren einhergeht. Eselsohren, Narrenkappen, die sogenannte Gugel, Marotte, Blase, das narrenmal auf der Stirn um nur einige zu nennen. Daraus ergab sich das heute wohlbekannte Bild eines Hofnarren.
Die Narrenattribute
Dabei sind die Utensilien nicht zufällig ausgewählt. Jedes Objekt hat eine Bedeutung. Die Gugel zum Beispiel. Sie lässt den Träger als jemanden vom einfachen Volk identifizieren, d.h jemand ungebildetes.
Zusätzlich kamen im späteren Verlauf noch die Eselsohren hinzu. Sie symbolisieren die Dummheit und die Lasterhaftigkeit. Nach der Schöpfungsgeschichte der Bibel erhielt der Esel die langen Ohren vom Teufel.
Oder der als Narrenwurst bezeichnete Lederbeutel, also eine Art Schlaginstrument in der Form eines Phallus. Sie symbolisiert die weltlichen gelüste wie Völlerei und die sexuelle Begierde und daher sein Träger nicht Gotteswürdig.
Somit ist die Narrenfigur eine Projektionsfläche für allerlei gotteslästrige Attribute. Damit konnte er nicht ernst genommen werden und daher durfte er seine Narrenfreiheit ausspielen und auch die oberen Herren oder sogar Könige verspotten. Jedoch können auch die besten narren einem schlechten Streich zum Opfer fallen.
So wird der Fall eines Narren namens Gonnella im 15. Jahrhundert am herzoglichen Hof zu Ferrara beschrieben:
"Sein Fürst lässt ihn in einem närrischen Schein-Prozess, den nur der Angeklagte selbst ernst nimmt, zum Tode verurteilen. Als er seinen Kopf auf den Richtblock legen muss, erleidet er in Panik einen tödlichen Herzschlag - just in dem Moment, als der Henker ihm zum Ergötzen des Hofstaats einen Eimer Wasser über den Kopf kippen will, womit der Spass sein wohltätiges Ende genommen hätte."
Die Waffen eines Narren
Auch die Sammlung ist im Besitz mehrerer närrischer Gegenstände. Eine Gugel ist vorhanden sowie eine Marotte, eine Schelle und am auffälligsten: ein Schwert. Genauer ein Narrenschwert. Natürlich ist es kein richtiges Schwert, da ein Narr nicht weiss wie Waffen zu führen sind. Aber als Lärminstrument ist es allemal geeignet.
In der rheinischen Fasnacht wird jeweils ein Karnevals Prinz gewählt. Er trägt als Zeichen seiner Macht ein Narrenschwert. Woher genau das vorliegende Schwert stammt ist nicht gesichert. Es befand sich bei der Übernahme des Schlosses im Inventar. Es ist ein Meter lang, 2.5 cm breit. Seine "Klinge" besteht aus vier nebeneinander platzierten Holzstücke, die rotweiss gestreift sind. Am Griff befindet sich ein Löwenkopf und drei kleine Schellen baumeln daran.
Eine mögliche Herkunft des Narrenschwertes könnte die 1922 gegründete Heinerich Wirri-Zunft in Aarau sein. Das Zeichen ist nämlich der Adler aus dem Aarauer Stadtwappen, nur mit einem Narrenkopf versehen. Und die Farben rot und weiss sind ebenfalls davon abzuleiten.
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