Die Römer, auch jene in den Provinzen, bevorzugten Wein statt Bier. Dies ist durch den massiven Import von Wein im ganzen Römischen Reich belegt. Es gibt aber archäologische Quellen für die Herstellung von Bier in den nördlichen Provinzen.
Wieweit die römischen Bewohner dieser Gegend selbst zum Bierkrug statt zum Weinpokal griffen, bleibt allerdings Spekulation. Auch darüber, ob Bier in den nördlichen Provinzen Teil der Militärrationen war (wie etwa in Ägypten), kann nur spekuliert werden, weil kaum schriftliche Quellen darüber bekannt sind – eine Ausnahme ist ein Schreibtäfelchen aus Vindolanda, das eine Nachschublieferung an Bier fordert.
Bier, der Wein der Armen
Überliefert ist auch, dass der Preis von Bier in unterschiedlichen Provinzen und zu unterschiedlichen Zeiten stark variierte. So konnte man im 1. Jh. n. Chr. in Vindolanda für einen Sesterz 27.5 Liter, in Hermopolites 72 Liter, in Tebtynis aber nur 8.7 Liter Bier kaufen. Dennoch war der Preis von Bier generell eher niedrig – nämlich zwei- bis viermal niedriger als jener von Wein der schlechtesten Qualität. Deshalb wird Bier oft auch als Wein der Armen bezeichnet.
In flavischer Zeit kam der Import von Weinamphoren ins Rheinland fast zum Erliegen. Dies könnte damit zusammenhängen, dass die Militäreinheiten am Rhein sukzessive aus nichtrömischen Mannschaften bestanden und so der Markt für Wein infolge einer rückläufigen Nachfrage schrumpfte. Wurde der Wein etwa durch das lokale Bier ersetzt?
Der Archäologe Clive Bridger meint dazu, es sei auch wahrscheinlich, dass nicht die einheimische Bevölkerung ein beliebtes Nahrungsmittel der Besatzungsmacht angenommen hat (Wein), sondern dass die Besatzungsmacht ein lokales Getränk übernahm (Bier).
Die Römer kannten verschiedene Arten von Bier:
- ägyptisches (zythum) Gerstenbier
- spanisches (caelia, cerea) Weizenbier
- dalmatisches (camum), Gerstenbier
- sabaia, Gersten- oder Weizenbier
- gallisches (cervesa)
Bridger nennt für das römische Germanien folgende relevanten Begriffe: cerves(i)a / cervis(i)a, camum.
In Spanien, Gallien und Norditalien (keltisch) wurde Bier in verschiedenen Sorten gebraut und nahm vermutlich die Stelle des Weins ein. Das Bier wurde ohne Hopfen gebraut.
Vor der Entdeckung der Eigenschaften von Hopfen als Konservierungsmittel und als Geschmackszutat für Bier, war es schwierig, Bier lange frisch zu halten, da es normalerweise einen weit niedrigeren Alkoholgehalt als Wein hatte. Plinius der Ältere berichtet, dass die Spanier eine Methode gehabt hätten, Bier länger haltbar zu machen, er erwähnt aber nicht welche.
Kräuter-Zusätze
Ohne Hopfen hatte das Bier einen muffigen, säuerlichen oder schlicht uninteressanten Geschmack, weshalb verschiedene Zusätze verwendet wurden. Botanische Nachweise solcher Kräuter gibt es von der niederländischen Küste aus der frühen römischen Periode: Gagel (Myrica gale) ist auf einigen römerzeitlichen Plätzen nachgewiesen worden, sowohl innerhalb als auch ausserhalb des Limes. Aber auch durch Gagel konnte nicht auf lange Zeit konserviert werden. Man muss also davon ausgehen, dass Bier vor Ort hergestellt und getrunken wurde.
Andere Zusätze sind Eichenrinde, Myrte, Mädesüss und Johanniskraut.
Es ist davon auszugehen, dass Bier häufig in Eigenproduktion hergestellt wurde. Das am meisten verwendete Getreide war zuerst Gerste, aber man brauchte auch die Nacktweizenart triticum, Hirse, Vogelhirse, Hafer und das Einkorn (olyra). Für die Provinzen wird zudem ein Bier erwähnt, das aus Brot hergestellt wurde, also aus Gersten- oder Weizenfladen. Dieser Befund entspricht etwa den Gegebenheiten des alten Ägyptens.
Man darf davon ausgehen, dass in den weinarmen Provinzen bedeutend mehr Bier getrunken wurde, als die wenigen archäologischen Nachweise glauben lassen.
Herstellung des Biers
Man lässt das Getreide (u.a. Weizen, Gerste, Hirse, Hafer oder Einkorn) keimen. Durch die Umwandlung der Stärke des ausgekeimten Getreides in Dextrin, danach in Zucker, entsteht eine Gärung. Die Vergärung des Zuckers unter der Beteiligung von Hefen erzeugt das alkoholische Gebräu.
Da bisher Hopfen im Bier der Antike nicht nachgewiesen werden konnte, geht man von obergäriger Brautechnik aus. Die Biere blieben dadurch ohne bitteren Geschmack, jedoch auch wenig stabil.
Darren: Der Keimvorgang wird durch schonendes Erhitzen in einer Darre (Vorrichtung zum Dörren) unterbrochen; geht dabei etwas schief, erhält man anstatt des erwünschten Malzes nur verkohlte Getreidekörner.
Mehrere Autoren erwähnen, dass das Bierbrauen wie auch das Brotbacken in den ersten Jahrhunderten n. Chr. zu den Aufgaben der Frau gehörte.
Kommentare
Kommentar schreiben