45 Jahre lang wirtete Alice Mattenberger (1901–1988) auf Schloss Habsburg. Die legendäre letzte Schlosswirtin verköstigte ihre Gäste mit Suppe, Schinken und Anekdoten aus der Schlossgeschichte.
Bei Alice Mattenberger kehrte die halbe Schweiz ein. Die letzte Schlosswirtin prägte die "Wirtschaft auf Schloss Habsburg" von 1930 bis 1974. Das ganze Jahr herrschte viel Betrieb auf der Burg: Mattenberger wirtet im Schlosshof, unter den Linden, im Schankraum, in der Gaststube und im Rittersaal auf der dritten Etage.
Alice Mattenberger fand dabei immer Zeit für einen Schwatz mit Gästen aus nah und fern, die sich für das Schloss und dessen Geschichte interessierten. Eine kleine Schar von Frauen aus dem Dorf unterstützte die Wirtin im täglichen Gastbetrieb und aushilfsweise auch an den Wochenenden und bei Veranstaltungen.
Wirtin mit grossem Herz für Tiere
Zeitzeugen beschreiben Alice Mattenberger als grossgewachsene und in ihrer Erscheinung gepflegte Frau. Im Dorf war sie respektiert.
Alice Mattenberger hatte auch ein Herz für Tiere: Hunde und Katzen fühlten sich auf der Habsburg wohl. Und ab und zu auch eine Dohle, die aus dem Nest gefallen war und von den Mattenbergers grossgezogen wurde. Die Dogge der Wirtsfamilie war auch treue Helferin für Warentransporte vom und zum Bahnhof Schinznach-Bad.
Vater übergab die kleine Alice der Gemeinde
Aussergewöhnlich ist die Geschichte, wie Alice Mattenberger auf Schloss Habsburg kam. Geboren wurde sie 1901 als Alice Riniker, vermutlich in Carouge (GE). Ihr Vater brachte Alice und ihren Bruder im Alter von drei und vier Jahren auf die Gemeindekanzlei von Habsburg – und kam nie mehr zurück. Riniker ist ein Ortsbürgergeschlecht, und so musste sich die Gemeinde um die Kinder kümmern.
Alice wurde von Rudolf und Elisabeth Hummel adoptiert, dem kinderlosen Pächterpaar der Gastwirtschaft auf Schloss Habsburg. Ihr Bruder Hans kam zu einem Bauern auf den Bözberg.
Heirat, Geburt und Rückkehr auf die Habsburg
1926 heiratete Alice Hans Mattenberger aus Birr und zog mit ihm nach Zug. 1930 kehrte sie mit ihrem neugeborenen Sohn Heinz auf Schloss Habsburg zurück. Ihr Adoptivvater brauchte nach dem Tod seiner Frau Elisabeth Hilfe mit der Gastwirtschaft
Alice Mattenberger entpuppte sich als talentierte Wirtin. Als 1942 auch ihr Adoptivvater starb, übernahm Alice Mattenberger die alleinige Verantwortung über die Gastwirtschaft. Während 45 Jahren begeisterte sie ihre Gäste mit bürgerlicher Küche. Arbeit gab es das ganze Jahr über, denn die Wirtschaft war auch im Winter geöffnet.
Alice Mattenberger war als Schlosswirtin äusserst beliebt, auch weil sie kundig Gäste aus nah und fern in die Geschichte der Habsburger einführte. Nach ihrer Pension lebte sie bis 1986 an der Schlossgasse 21 in Habsburg, zwei Jahre später starb Alice Mattenberger 87-jährig im Altersheim in Windisch.
Quellen und Recherche
Recherche
- Esther Duran, Kunsthistorikerin M.A., Museumsführerin Museum Aargau
Literarische Quellen
- "Habsburger Dorfgeschichten, Zeitzeugen erinnern sich, Erzählungen aus dem Leben, wie es damals war", Herausgeberin Marianne Spiess, Druck xline ag, Brugg, 2008
- "Habsburger Dorfgeschichten, Zeitzeugen erinnern sich, Erzählungen aus dem Leben, wie es damals war, Heinz Mattenberger: Das Schloss war mein Zuhause", S. 20-34, Herausgeberin Marianne Spiess, Druck xline ag, Brugg, 2008
- Erzählungen von Hedy Schenkel, Zeitzeugin aus Habsburg, während einem gemeinsamen Schlossrundgang mit Marianne Spiess und Esther Duran am 8. Juni 2021
- Verschiedene Dokumente über Schloss Habsburg aus dem Staatsarchiv des Kantons Aargau, Aarau
- Zeitungsartikel "Generalanzeiger", Eigenamt, "Habsburg, ein junges Kapitel Schlossgeschichte, Die letzten Bewohner der Habsburg", 15. Oktober 1999
Bildquellen
- Familienalbum, Privatbesitz Mattenberger
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